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Von Windbeuteln, Werbelügen und Eigenverantwortung.

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Alle Jahre wieder regen wir uns über die Milchschnitte auf, über Activia oder Actimel, über Fruchttiger und Nimm 2 oder irgendein anderes Produkt, das den Goldenen Windbeutel bekommt. Alle Jahre wieder wundere ich mich über die Aufregung. Und darüber, dass es immer und immer wieder funktioniert. Jetzt mal im Ernst, als halbwegs mündiger Verbraucher ist mir doch klar, dass Fruchtiger kein gesundes Getränk ist –  erst recht nicht für Kinder. Und dass Nimm 2 zwar lecker, aber sicherlich keine supergesunde Vitaminbombe ist. Dass Joghurt nicht die Welt verändert, nur weil sich irgendwo „activ“ im Namen versteckt und dass Milchschnitte, und sei sie noch so heiß vom „IS Institut für Sporternährung“ empfohlen, keine gesunde Zwischenmahlzeit ist.

Das weiß man doch! Oder? Aber woher kommt dann diese Aufregung? Und vor allem, woher kommt dieses kollektive: „Hah, da hat Ferrero (Danone, Storck...) jetzt aber mal richtig einen auf die Nuss bekommen“? Mal im Ernst, kein Produkt, dass sich bereits seit Jahrzehnten in unseren Supermarktregalen befindet, liegt da, weil der Hersteller uns nötigen muss, das zu kaufen. Die liegen da, weil sie gekauft werden und das nicht zu knapp! Auf so einer Milchschnitte steht beispielsweise auch alles drauf, was wir wissen müssen.

Sie enthält: Vollmilch, pflanzliche Öle, Zucker, Weizenmehl, Magermilchpulver, Butterreinfett, Volleipulver, fettarmen Kakao, Weizenkleie, Backtriebmittel: Dinatriumdiphosphat, Natriumhydrogencarbonat, Ammoniumcarbonat; Emulgator Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren, Salz, natürliche Aromen, Vanillin.

Auf 100g kommen 34g Kohlehydrate, wovon 29,4 g (fast 30%) Zucker sind. Weitere 27,9 g (wieder fast 30%) sind Fett. Sie schlägt mit grade mal 1,2 g Ballaststoffen zu Buche. Und enthält darüber hinaus 8,2 g Eiweiß. Auf eine Milchschnitte kommen also rund 60 % Fett und Zucker, knapp 10% Eiweiß und etwa 1% Ballaststoffe.

Ich muss nicht Ökotrophologie studieren um zu wissen, dass das keine gesunde Sportlernahrung und erst recht keine gesunde Zwischenmahlzeit ist. Ich muss nur hinschauen! Mich informieren, ein wenig Eigenverantwortung zeigen! Die Milchschnitte ist im Prinzip nichts anderes als ein süßer Riegel für Zwischendurch. Nur wenig ausgewogener (wenn überhaupt) als ein Snickers (75% Fett und Zucker) oder ein Corny Schoko (50% Fett und Zucker).

Woher also kommt die Aufregung? Fühlen wir uns wirklich betrogen? Von der Werbung? Wenn dem so ist, dann muss man sich doch fragen, ob heute überhaupt noch klar ist, was Werbung eigentlich ist und welchem Zweck sie dient. Als Konsument habe ich die Wahl, unbesehen alles zu glauben was man mir vorsetzt oder mir klarzumachen, dass ein Unternehmen mit einem Produkt Geld verdienen will. Und ebenso wenig wie ich ein Auto nur auf eine Beschreibung hin kaufen würde, in dem Vertrauen darauf, dass der Verkäufer mich schon nicht über den Tisch ziehen wird, muss ich doch auch bei Produkten, die ich meinem wichtigsten Gut als Treibstoff gebe – meinem Körper, meiner Gesundheit – ein stückweit selbst darauf achten, was ich mir in meinen Einkaufswagen, Kühlschrank, Magen und im Zweifel auf meine Hüften oder Herzkranzgefäße lade. Alles andere wäre doch wirklich mehr als blauäugig.

Ich lese immer häufiger, „der Staat muss dies verbieten“ „der Staat muss das regeln“ „wir brauchen mehr Gesetze, Verbote, Verordnungen“. Jetzt mal im Ernst, da blickt doch heute schon keiner mehr durch? Und wer soll das alles bezahlen und mit welchem Geld? Seid Ihre bereit dafür höhere Steuern zu zahlen? Oder ist es vielleicht doch leichter einfach ein wenig kritischer zu konsumieren? Nehmt Euch doch bitte zum Einkaufen mal wieder ein wenig mehr Zeit. Schaut drauf (oder bei uns nach), was drin ist. Macht Euch bewusst, dass Qualität einen gewissen Preis hat. Und um Gottes willen, wenn Ihr Hunger auf eine Milchschnitte habt, dann esst sie einfach. Aber gesteht Euch dabei auch ein, dass Ihr Hunger auf etwas Süßes hattet und nicht auf eine gesunde Sportlermahlzeit für Zwischendurch. Denn gegen den Genuss ist nichts zu sagen, wenn man sich dabei nicht in die eigene Tasche lügt um sich hinterher über andere aufzuregen. Frei nachdem Motto: „Das konnte ich ja nicht wissen, das hat mir keiner gesagt.“

Auszeichnungen wie der Goldene Windbeutel könnten uns dabei helfen, Produkte zu identifizieren, bei denen Unternehmen in der Werbung besonders kreativ zu Werke gehen. Sie könnten auch helfen unsere Aufmerksamkeit zu schärfen. Sie sollten aber nicht dazu führen, dass wir erwarten, dass immer ein Dritter alles für uns regelt. Darüber hinaus wäre es meines Erachtens wünschenswert, wenn nicht jedes Jahr die üblichen Verdächtigen am Pranger landen würden. Nur ein Beispiel (und der eigentliche Auslöser für diesen Beitrag), der Alnatura "MÜSLI"-Riegel Schoko, der von Alnatura als  "schneller Energiespender für Zwischendurch" angepriesen wird, der aber in seiner Zusammensetzung eigentlich voll und ganz einem stinknormalen Snickers entspricht. Lecker war er, ohne Frage. Aber gekauft hab ich ihn mir, weil ich was Süßes wollte. Nicht weil ich einen Energiespender gesucht habe (da hätte ich vermutlich eher das Snickers genommen). Doch solche Produkte landen in der Regel nicht auf der Abschussliste von abgespeist und dem Goldenen Windbeutel, aus dem einfachen Grund, dass die Welle die sich damit machen lässt, nicht groß genug wird.

Und das ist wirklich mal ein Grund sich aufzuregen.


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